Der Wilital-Biber ist fleissig und sorgt damit für erheblichen Ärger  


An der Wilitalstrasse in Brittnau hat der Biber mehrere Dämme gebaut. Damit richtet er regelmässig Schaden an. Welche Zukunft hat das Tier im Wilital?

Die Originalversion dieses Artikels erschien am 14. Dezember 2023 im Zofinger Tagblatt.

«Begeistert sind wir nicht», fasst eine Anwohnerin die Situation zusammen. Seit einigen Jahren macht sich der Biber im Wilital breit, gräbt, baut Dämme und frisst Kulturpflanzen. Als geschütztes Tier darf er das auch. Es stellt sich aber die Frage, wie Mensch und Tier in einem beengten Lebensraum aneinander vorbeikommen sollen.

Die Wilitalstrasse leidet unter dem Biber

Im Wilital fliesst der Wilibach nahe an der Strasse entlang. Links und rechts davon befinden sich Landwirtschaftsfläche, Wald und einige Privatgrundstücke. In diesem intensiv genutzten Kulturland sind die Aktivitäten des Bibers (oder der Biber – wie viele es sind, lässt sich schwer abschätzen) schnell sichtbar: Wer auf der Wilitalstrasse unterwegs ist, fährt an mehreren Dämmen vorbei. Auch Belagsschäden fallen auf.

Derzeit besonders markant ist ausserdem eine Stelle, an der der gestaute Bach sich wegen dem aktuellen Hochwasser tief unter die Strasse gefressen hat.

An dieser Stelle spült der gestaute Bach den Untergrund weg. Zu sehen sind auch Reparaturen im Strassenbelag. 

Die Wilitalstrasse sei wegen dem Biber schon mehrmals unterhöhlt worden, sagt Gemeinderat Christoph Tschupp, der den Tiefbau unter sich hat. Entweder grabe der Biber selbst am Strassenrand oder das Wasser weicht wegen den Dämmen Richtung Strasse aus und spült den Untergrund weg. Darum habe die Gemeinde diesen in den letzten Jahren mehrmals befestigen und den Strassenbelag sanieren müssen, sagt Tschupp. Finanziell halte sich die Lage zwar in Grenzen, schwieriger sei für die Gemeinde, keine konkreten Lösungen anbieten zu können.  

Wasser da, wo es nicht hingehört

Findet das Wasser keinen Weg durch den Untergrund, tritt es neben den Biberdämmen über die Ufer. Flutet es die Strasse, sei das besonders gefährlich, meint Daniela Rüegger, eine Anwohnerin. Dann nämlich gefriert es an diesen Stellen.

Probleme verursacht der Biber auch in der Landwirtschaft. Der Wilibach wurde zur Entwässerung des umliegenden Kulturlands angelegt: Unterirdische Drainagen führen das Wasser aus den Wiesen und Felder in den Wilibach ab. Wenn der Biber staut oder die Abflüsse verstopft, fliesst das Wasser nicht mehr richtig ab, schlimmstenfalls nehmen die Drainagen gar grösseren Schaden. Versumpfen die Parzellen, kann das wiederum der Ernte schaden, zudem liessen sich nasse Böden mit schweren Geräten nicht mehr gut bewirtschaften, erklärt Landwirt Hans-Ruedi Bienz, der eine Parzelle am Wilibach hat.

Kann das Wasser nicht mehr abfliessen, versumpfen die landwirtschaftlichen Flächen. 

«Es ist immer ein Abwägen»

Ungeachtet dieser Schwierigkeiten steht der Biber in der Schweiz auf der «Roten Liste» der gefährdeten Arten vom Bundesamt für Umwelt. Er darf nur im äussersten Notfall getötet werden und auch seine Bauten darf man nicht ohne weiteres entfernen. Darum versucht der Kanton, den Biber unter Kontrolle zu halten, ohne zu stark in sein Leben einzugreifen: «Es ist immer ein Abwägen», meint Christian Tesini, Fachspezialist für die Jagd beim Kanton. Im Fall Wilital bedeute dies, dass man die Höhe der Dämme begrenze, um grössere Schäden vorzubeugen. Ausserdem würden, wo nötig, Abflussrohre installiert.

Angesprochen auf das aktuelle Hochwasser ergänzt Christian Tesini, man behalte die aktuelle Situation im Wilital jeweils im Auge und würde die Massnahmen laufend der Situation anpassen.

An dieser Stelle müssen die Sicherheitsmassnahmen des Kantons angepasst werden. 

Als längerfristige Strategie wäre es sinnvoll, im Wilital Orte zu suchen, wo der Biber sich niederlassen kann, ohne stark zu stören, meint Christian Tesini. Der Kanton versuche, solche Stellen für das Tier attraktiv zu machen, dabei sei er aber auch auf die Zusammenarbeit mit den Anwohnern und Grundbesitzern angewiesen. Eine Garantie biete diese Strategie aber nicht, weil der Biber letztlich selbst entscheide, wo er sich aufhalte.

Keine Lösung sei es, den Biber aus ganz dem Wilital zu entfernen oder sogar zu töten, sagt Christian Tesini: «Wenn keine Biber das Revier im Wilital verteidigen, werden einfach neue kommen.»

«Wenn keine Biber das Revier verteidigen, werden einfach neue kommen.»

Christian Tesini, Fachspezialist Jagd des Kt. Aargau

Der Biber ist Teil der Natur

Längerfristig kann davon ausgegangen werden, dass sich die Biber-Population im Wilital stabilisiert. Weil sich sein Bestand in der Schweiz allgemein erholt, ist das Tier seit letztem Jahr in der «Roten Liste» des Bundes auch nicht mehr als «gefährdet» eingestuft. In absehbarer Zukunft bleibe der Biber aber geschützt, sodass ein regulierendes Eingreifen des Menschen weiterhin nicht möglich sei, erklärt Christian Tesini.

Abgesehen von seinen unangenehmen Begleiterscheinungen hat die Besiedlung des Bibers auch Vorteile. In der Natur unterstützen seine Dämme die Artenvielfalt erheblich oder helfen, den Wasserfluss zu regulieren. 

Biberdämme können helfen, den Wasserabfluss und den Grundwasserpegel zu regulieren. Auch hier ein Werk des Wilital-Bibers. 

Auch die Bewohner und Landwirte des Wilitals hegen für den Biber letztlich gemischte Gefühle: Sie habe nichts gegen den Biber, meint etwa Daniela Rüegger, aber etwas dagegen, wenn er nur Kosten verursache oder die Sicherheit gefährde. Dieser Meinung schliesst sich Hans-Ruedi Bienz an und Stefan Flückiger, Anwohner und Landwirt aus Mättenwil, fasst zusammen: «Ich freue mich über den Biber, weil er der Natur Vorteile bringt. Er hat aber auch Nachteile, macht Arbeit und geht letztlich der Gemeinde und Landwirtschaft ins Geld.»

An der beengten Lage im Wilital wird sich so bald nichts ändern. Was Mensch und Tier bleibt, ist, für den gemeinsamen Lebensraum Kompromisse zu finden, damit der Biber in Zukunft hoffentlich weniger Ärger macht.