«Und vergesst nicht, Freude zu haben» – Mit dem Musikverein Bottenwil am Musiktag Rothrist


Als rund 30-köpfige Brass-Band trat der Musikverein Bottenwil am Musiktag 2023 in Rothrist an. Vorbereitet mit einem Konzert- und einem Paradestück erlebte der Verein ein Crescendo der Emotionen.

Die Originalversion dieses Artikels erschien am 26. Juni 2023 im Zofinger Tagblatt.

Am Sonntagmorgen um Sieben liegt Rothrist noch in tiefster Ruhe. Mucksmäuschenstill ist der Weg bis zum Festgelände des Musiktags. Auch dort herrscht noch Stille, auch wenn die freiwilligen Helfer des Musikvereins Rothrist bereits fleissig an der Arbeit sind.

Einige Bottenwiler stehen schon vor der Halle, wo die Instrumente warten. Auch sie sind noch etwas verschlafen und ruhig, nur ein bisschen Schwatzen mögen sie. Dann, als alle beisammen sind, geht es los – Kaffee austrinken und ab ins Depot, Instrumente holen.

Eine kurze Begrüssung von Dirigent Simon Galliker und los geht es …

Aus Tönen wird Musik

Auf dem Weg ins Einspiellokal ertönt die erste Melodie. Ein Kornettist spielt sein Mundstück ein, summt oder brummt eine einfache Tonfolge. Bald mischt sich dieser Ton mit anderen, als sich im Einspiellokal, einer Turnhalle, auch die übrigen Musiker einzuspielen beginnen. Tonleitern, Fingerübungen, Viertel-, Achtel- und Sechzehnteltakt, dann noch Stimmen und plötzlich ist die ganze Halle voll mit einer mehrstimmigen Klangfülle, einem einzigen Ton aus dreissig Instrumenten.

Eine der ersten Melodien des Tages. 
Im Einspiellokal wird eine mehrstimmige Harmonie daraus. 

Nach dem kurzen Einspiel ist der Verein bereit. «Denkt dran», gibt Dirigent Simon Galliker seinen Leuten noch mit, «die Hauptsache ist, Freude zu haben. Vergesst das nicht!» Und die Worte des Dirigenten zeigen Wirkung. Nun aufgewacht und beschwingt, wechselt die Gruppe in den Konzertsaal. Von Nervosität ist nichts zu merken.

Schnell steht die Band auf der Bühne und dann geht es los. Der Musikverein Bottenwil trägt die «Legenda Rumantscha» von Oliver Waespi vor, eine rätoromanische Legende, die Melodien aus dem Bündnerland vereint. Es ist ein anspruchsvolles Stück, mit mehrmaligen Tempo- und Farbwechseln. Streng beobachtet der Experte Daniel Bichsel den Verein, er wird ihm im Anschluss Rückmeldung geben. Für das Laien-Publikum klappt alles wie am Schnürchen, das Stück wird ohne Fehler vorgetragen.

Beim Konzertvortrag spielen die Bottenwiler «Legenda Rumantscha» von Oliver Waespi. 

Etwas kritischer sieht der Experte den Vortrag. In einer umfunktionierten Garderobe wartet der Musikverein gespannt auf dessen Meinung: «Wir befinden uns im mittleren Gut-Bereich» meint Daniel Bichsel, aber Bottenwil sei solid unterwegs und habe sicher ein Stück ausgewählt, dass es weitergebracht hat. Von den Bottenwilern wird diese Rückmeldung akzeptiert.

Der Experte Daniel Bichsel gibt Bottenwil ein fundiertes, genaues Feedback. 

Im Gleichschritt marsch – und alle klatschen mit

Rund eineinhalb Stunden später zählt es erneut. Nun in voller Montur mit Handschuhen, reihen sich die Bottenwiler für die Parade ein. Fast eine Viertelstunde müssen sie auf der Stelle stehen und unter der Sonne schwitzen. Dann darf Dirigent Simon Galliker den Takt angeben. Als Marschstück spielt der Musikverein die «Schwyzer Soldaten» von Ernst Lüthold. Ein Klassiker, der auch das Publikum überzeugt, bald klatscht es von den Seiten im Takt. Im Gleichschritt marschiert der Verein die Paradestrecke runter, rundum von Experten umgeben. Hier gibt es nun Punkte zu holen, die Rangliste wird am Abend bekannt gegeben. Dann haben die Bottenwiler ihr Tagwerk getan und einen freien Nachmittag vor sich. «Jetzt haben wir uns aber ein Bier verdient», meint ein Musiker. Mit seinem Auftritt ist der Verein so weit zufrieden.

Der Musikverein erhielt für die Parade Unterstützung vom Tambourenverein «Gässler Clique» aus Roggwil. Immer dabei: die Experten (Dame in Grau). 

Nach einer gemütlichen Pause warten die Bottenwiler zusammen mit den anderen Vereinen auf den Festakt. An den langen Tischen im Festzelt hat sich die Gruppe versammelt, isst, trinkt und hört den Musikvorträgen zu. Bilanz hätte sie bis jetzt noch nicht wirklich gezogen, sagt eine Horn-Spielerin. Es gehe ja sowieso eher um den Spass als darum, wie man abgeschnitten habe.

Wie ernst das den Bottenwilern und allen versammelten Musikern ist, wird im Anschluss deutlich. Während die Rangverkündung vom Paradewettbewerb – die Stadtmusik Rheinfelden gewinnt – in gefühlt einer halben Minute abgehandelt wird, nehmen sich die Vereine viel Zeit, ihre Veteranen zu ehren. Aus Bottenwil sind drei dabei, insgesamt sind es 89 Musiker, die für ihre Dienste gefeiert werden.

Der Musikverein beobachtet die Veteranenehrung und freut sich mit den Geehrten. 

Während das Publikum schon beim Einzug der Veteranen mit Fähnrichen und Ehrendamen applaudiert, steigt die Aufregung mit jedem Ehrengast. Bald saust das ganze Festzelt unter dem grossem Beifall, der Festmusik und allgemeiner Begeisterung. Erst als Walter Maurer von der Musikgesellschaft Unterkulm-Teufenthal für 75 Jahre Vereinsmusik geehrt wird, eine so lange Zeit, dass dafür gar kein Ehrentitel mehr vorgesehen ist, werden die Musiker einen Moment ganz still.

Walter Maurer wird für 75 Jahre Musizieren gefeiert.

Nun sind auch die sonst so souveränen Bottenwiler berührt. «So etwas ist fast unvorstellbar», meint ein Bass-Spieler. «Schön, dass ein solcher Einsatz gewürdigt wird!».

Auf den Schultern und mit Standing-Ovations tragen die Musikvereine ihre Veteranen aus dem Zelt. Rheinfelden feiert seinen Sieg auf den Tischen tanzend und die Konzertband stimmt ihr nächstes, fulminantes Stück an. In tosender Festmanier neigt sich der Musiktag zu Ende und während man sich vom Gelände entfernt, werden die Klänge der Feier langsam leiser.